Seit dem ersten Halbjahr 2020 kommt es immer wieder zu Einstellungen des Eisenbahnbetriebes auf der Niedtalbahn. Diese Einstellung begründet die Deutsche Bahn regelmäßig mit Personalmangel. Die einstig hoch einträgliche Niedtalbahn steht offensichtlich bei den für die ordnungsgemäße Durchführung der Zugfahrten betrieblich Verantwortlichen nicht mehr hoch im Kurs, zumal die Triebwagen in Kaiserslautern und damit weit entfernt vom Einsatzort beheimatet sind. Es wurden laut einer Meldung von „Saarnews“ vom 10. Mai 2020 von Vertretern aus der damaligen Opposition im Landtag des Saarlandes Forderungen an das Verkehrsministerium gerichtet, die Deutsche Bahn wegen der Betriebseinstellung zur Vertragstreue zu mahnen.
Sollte eine solche Mahnung zur Vertragstreue stattgefunden haben, so blieb sie offenbar ohne nachhaltige Wirkung. Wer im Sommer 2022 den Niedtalexpress nutzen möchte, erhält bei einer Reiseplanung für Freitag, den 19. August 2022 über die Bahn-App folgende Meldung:
Der eingerichtete Busnotverkehr verkehrt nach einem äußerst optimistisch gestalteten Fahrplan und ist für die Kunden im Niedtal eine Zumutung, da der Bus die angebenen Fahrzeiten schon bei wenig Verkehr nicht einhalten kann und sich die effektive Reisezeit leicht verdreifacht oder vervierfacht und Anschlüsse nicht erreicht werden. Wie sollten sie auch, wenn der Bus, der den Zug ersetzen soll, zu einer Zeit, zu der der Anschlusszug in Dillingen (Saar) abfährt, sich noch auf der Fahrt nach Niedaltdorf gerade in Höhe des Kreisverkehrs Schau-ins-Land befindet (18. August 2022, gegen 6.25 Uhr).
Nach nur eineinhalb Tagen regulärem Zugverkehr am 23. August 2022 und am Vormittag des 24. August 2022 verweist die Deutsche Bahn die Kundschaft im Niedtal erneut auf den völlig inadäquaten und inakzeptablen Busnotverkehr:
Es handelt sich offenbar um ein noch immer nicht gelöstes strukturelles Problem der Deutschen Bahn, die offensichtlich nicht über Personalkapazitäten verfügt, um Personalausfälle kompensieren und Verträge einhalten zu können. Denn immer wieder kommt es auch auf anderen Strecken des Regionalverkehrs zu Ausfällen, vor allem im Osten Deutschlands.
Als „Weihnachtsgeschenk“ war der Gesamtverkehr zwei Wochen vor Weihnachten 2022 auf der Niedtalbahn wiederum wegen Personalmangels eingestellt und die Kundschaft erneut auf die „Gummibahn“ verwiesen. Für diese Ausfälle entschuldigte sich die Deutsche Bahn dann im Februar 2023 bei den Fahrgästen des Niedtalexpress mit Gummibärchen und einer Karte:
Trotz grenzüberschreitenden Sonderzügen bietet sich im Sommer 2023 dem Reisewilligen im Niedtal erneut das aus den Vorjahren bekannte Bild: Die Deutsche Bahn stellt den Zugverkehr mit der hinlänglich bekannten Begründung eines angeblichen Personalmangels ein und verweist sowohl am Nachmittag des 11. August (s. oben Screenshot und Kommentar zum 24. August 2022) wie ab dem 15. August 2023 auf den Bus (SAARTEXT-Meldung/s. oben Screenshot und Kommentar zum 18. August 2022).
Es bleibt das mittlerweile leider üblich gewordene Trauer- und für die Reisenden bekannte Lotteriespiel, dem auch mit der Bahn-App bisweilen nur unzulänglich begegnet werden kann, sind doch Zugausfälle bisweilen derart kurzfristig angekündigt, dass der in Dillingen auf Anschluss in Niedtal angewiesene Pendler vor dem leeren Bahnsteig an Gleis 1 erfahren muss, dass die Deutsche Bahn gerade dabei sei, einen Ersatzverkehr mit Bussen einzurichten. Und so gibt es auch im Jahr 2023 nur einen Gewinner der vor die Wand gefahrenen Verkehrswende: den Busunternehmer, der die Ersatzverkehre übernimmt und zur Arbeitserleichterung weder Fahrräder transportieren, noch die üblichen Haltepunkte an den Bahnhöfen ansteuern muss und für den die Fahrzeiten des Zuges ohnehin nicht gelten, da sie schlicht nicht einzuhalten sind.
Wie Hohn klingt da für die Kunden im Niedtal die öffentliche Bekundung der saarländischen Verkehrsministerin, den ÖPNV im Saarland verbessern zu wollen (SR-Meldung vom 8. August 2023). Für die Menschen im Niedtal leidet die Qualität im vierten Jahr in Folge und so mancher, den man in den morgendlichen und abendlichen Pendlerzügen gesehen hat, ist längst auf das eigene Auto umgestiegen. Mittlerweile zieht das unerträgliche Verhalten der Deutschen Bahn auch für die betroffene Gemeinde Rehlingen-Siersburg ganz erhebliche Konsequenzen nach sich, da Zuschüsse aufgrund des hohen Ausfalls von Schienenverkehren nicht in der Höhe fließen, in der sie für die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs benötigt werden (SR-Meldung vom 8. Dezember 2023).
Da helfen auch noch so günstige Fahrpreise bei Deutschland- und Juge-Leute-Ticket nichts. Wenn der Zug nicht zuverlässig fährt, Busse nach Fantasiebedingungen irgendwann im Niedtal unterwegs sind, Fahrten mit dem ÖPNV also nicht geplant werden können und Reisen nur auf gut Glück gelingen, sind auch 49,00 bzw. 30,40 Euro noch zuviel. Dies gilt umso mehr, als nicht nur seit dem 28. November 2023 auf unbestimmte Zeit kein einziger Zug mehr im Niedtal verkehrt, sondern auch die Züge der RegionalBahn 70 zwischen Saarbrücken und Merzig sowie in der Gegenrichtung seit dem 18. Dezember 2023 zunächst bis zum Jahresende ebenfalls nicht mehr fahren. Auch hier ist die Begründung bekannt: Erhöhter Krankenstand und dadurch bedingter Personalmangel.
Der leidgeplagte Pendler fragt sich angesichts der S-Bahn-Pläne der saarländischen Verkehrsministerin (Pressemitteilung des Ministeriums für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz vom 5. Dezember 2023), wie ein solcher S-Bahn-Verkehr denn durchgeführt werden soll, wenn doch jetzt schon keine ausreichenden personellen Ressourcen zur Verfügung stehen, um das aktuelle Angebot bedienen zu können. Mittlerweile liest der ehemalige Bahn- und unfreiwillige Buskunde, dass sogar einzelne Busse ausfallen könnten, da mittlerweile auch nicht mehr ausreichend Kapazitäten für den Ersatzverkehr zur Verfügung stehen.
In dieser sehr angespannten Lage können die Streikandrohungen zur Durchsetzung von Forderungen des Vorsitzenden der Gewerkschaft GDL nach einer Arbeitszeitverkürzung (Pressebericht in ZEIT-online vom 21. Dezember 2023) das Unverständnis bei den Kunden nur noch vergrößern. Würde die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung erfüllt, stünde noch weniger Personal zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten der Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Verfügung. Der gesamtgesellschaftliche Schaden, der hierdurch verursacht wird, wäre immens. Nicht ohne ein gewisses Amüsement kann da das „Nachhilfeangebot“ der Schweiz für die Deutsche Bahn (dpa-Meldung um Kurier vom 21. Dezember 2023) zur Kenntnis genommen werden.
Im Sommer 2024 erreicht der Leistungsunfähigkeit – oder der Leistungsunwille? – von DB Regio einen neuen Höhepunkt. Unter der euphemistischen Bezeichnung „Ferienfahrplan“ verbirgt das Unternehmen die Umstellung vom Niedtalexpress auf den Niedtalbus über die gesamte Dauer der Sommerferien im Saarland (s. SR-Bericht). Für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keine Schulferien haben und auf die Fahrten zur Arbeit und von dort zurück nach Hause angewiesen sind, wird – nach dem bereits bekannten Schema – ein „Ersatzverkehr mit Bussen“ eingerichtet. Die heutige Probe dieser „Bus-RegionalBahn“ verlief erwartungsgemäß miserabel. Nicht nur, dass – was vorhersehbar war – der phantasievoll gestaltete Fahrplan schon ohne jedes Verkehrsaufkommen infolge zweier halber Rotphasen an zwei der fünf bis Siersburg zu passierenden Ampelanlagen nicht mehr zu halten war, musste man schon ein Liebhaber von Gangsta-Rap sein, der aus einem Lautsprecher von der letzten Bank den dröhnenden Diesel und den pfeifenden Tubolader überlagerte, um die Fahrt – oder besser: das Geschaukel – im überhitzten Fahrzeug ertragen zu können.
Nicht sehr gerne, aber letztlich doch von dem Verhalten der Deutschen Bahn dazu genötigt, werde ich nachdem unser Zweitwagen in den nächsten Tagen zugelassen wird, meine persönliche Verkehrswende vollziehen und mich nach fast 40 Jahren regelmäßiger Nutzung von der (Niedtal-)Schiene ab- und der Straße zuwenden. Diese Internetseite werde ich noch eine Weile weiterbetreiben als Erinnerung vor allem auch an eine Ära, in der die viel gescholtene „Beamtenbahn“ alles daran gesetzt hat, keine Fahrt ausfallen zu lassen und manchmal recht kuriose Zuggarnituren im Niedtal unterwegs waren. Sicherlich war auch zu Bundesbahn-Zeiten nicht alles perfekt, aber rückblickend muss ich persönlich feststellen, dass die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner dieser Epoche insbesondere in Führungsverantwortung nach meinem ganz persönlichen Dafürhalten vor allem technisch und organisatorisch der heutigen Leitungsebene sehr weit überlegen waren. Das fehlende Herzblut der aktuellen Leitungsebene aller DB-Töchter und der Mutter selbst für das Verkehrsmittel Bahn ist für mich als einfacher Fahrgast vor allem in den letzten fünf Jahren nicht mehr wegzutolerieren. Als Unternehmen des Staates, also der Bürgerinnen und Bürger, hat es nicht nur betriebswirtschaftlichen Ertrag, sondern vor allem volkswirtschaftlichen Nutzen zu bringen. Das lässt sich in der komplexen Welt nicht in Umsatz, Gewinn und Verlust in einer nach steuer- und handelsrechtlichen Grundsätzen erstellten Unternehmensbilanz ausdrücken. Lebensqualität und ihren positiven Effekt auf eine Volkswirktschaft misst man nicht in Euro.