Aufschwung von Baustoffherstellung und -handel
Im Zusammenhang mit dem Bahnbau steht ein Aufschwung der Baustoffherstellung im Niedtal. Von besonderer Bedeutung erweist sich dabei der in der Region vorkommende Kalk sowie weitere typische natürliche Rohstoffe, die für die Baustoffherstellung benötigt werden.
Niedtalkalkwerk
So erhielten die Gebrüder Bier unter dem 7. Juli 1902 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Kalkbrennerei. Deren Ofen sollte aus Gründen des Umweltschutzes mit Koks zu betreiben sein. Die Kalkbrennerei diente der Weiterverarbeitung des Kalks aus den bereits zwei Jahre zuvor erschlossenen Kalksteinbrüchen des Kemmersbachtals sowie des Haupttals der Nied. Das Niedtalkalkwerk nahm 1903 den Ofen zunächst in einen Probebetrieb und erreichte nochmals zwei Jahre später um das Jahr 1905 die Produktionsphase.
Im Jahr 1912 erwarb die AG der Dillinger Hüttenwerke in unmittelbarer Nähe zum Niedtalkalkwerk Gelände, um einen weiteren Kalkbrennofen als Ringofen zu errichten. Zusätzlich zu den Stollen im Kemmersbachtal wurden weitere Stollen im Bereich Haumesgas zwischen Hemmersdorf und Rammelfangen erschlossen. Die Deutsche Digitale Bibliothek weist eine diesbezügliche Akte in den Beständen des Bundesarchivs nach. Die abgebauten Kalksteine wurden auf einer zunächst dampfbetriebenen, später dann elektrischen Feldbahn, die als Schmalspurbahn angelegt war, zur Weiterverarbeitung im Kalkofen befördert. Den gebrannten Kalk verlud man über Verladerutschen in die im Anschlussgleis bereitstehenden Wagen, die über die Niedtalbahn täglich über Hemmersdorf und Büren-Itzbach der Dillinger Hütte zugeführt wurden. In der Gegenrichtung erhielt das Kalkwerk Koks und Kohle.
Infolge dieser Konkurrenz spezialisierte sich das Werk der Gebrüder Bier auf die Zementherstellung. Das Unternehmen gerät 1915 in Zahlungsschwierigkeiten und verpachtet den Betrieb kurzfristig an die „Portlandzement und Kalkwerk GmbH, Kerprich-Hemmersdorf“ bis die „Viktoria Zement- und Kalkwerk AG, Saarbrücken“ neuer Eigentümer wurde. Doch auch diese Phase währte nicht lange. Bereits 1920 erwarb die Dillinger Hütte das gesamte Kalkwerk, das sie bis 1967 weiterbetrieb. Ein Großteil der zum Kalkwerk gehörenden Gebäude wurde danach abgerissen.
Sand- und Ziegelsteine
Die Sandsteinbrüche eines Dillinger Unternehmers am Ostrand von Kerprich-Hemmersdorf erreichten eine zeitweise große Belegschaft, konnten sich jedoch nicht über einen längeren Zeitraum wirtschaftlich am Leben halten. Demgegenüber erlebte die 1850 gegründete Ziegelhütte in Büren einen Bedeutungszuwachs, der bereits vor Eröffnung der Bahnlinie noch während ihres Baus im Jahr 1899 einen großen Fabrikneubau zur Folge hatte. Das Rohmaterial wurde aus der Nähe über eine etwa einen Kilometer lange Seilbahn vom Weg zwischen Hemmersdorf und Siersburg, später vom Hang zur Nied herbeigeschafft. Der Betrieb erhielt bereits beim Bau der Eisenbahn einen Gleisanschluss.
Zusätzlich befand sich an der Ladestraße in Siersburg bis in die 1980er Jahre der Baustoffhandel Reiter. Die von dem Baustoffhandel weiterveräußerten Baumaterialien wurden regelmäßig mit der Bahn angeliefert, was im Bahnhof Siersburg Rangierfahrten und aufgrund der nach dem II. Weltkrieg reduzierten Gleisanlagen auch sogenannte „Sägezahnfahrten“ erforderlich machen konnte.
Knauf Gipswerk in Siersburg
Die beiden in Lothringen geborenen Bergingenieure Alfons und Karl Knauf gründeten im Jahr 1932 in Schengen an der Mosel ein Gipswerk und erwarben im darauffolgenden Jahr auf der gegenüberliegenden Moselseite ein Gelände, auf dem sie ein Kalk- und Gipswerk errichteten. 1935 erwarben sie ein Gipswerk in Siersburg und pachteten die Gipsgrube auf dem Gauberg, die jedoch wegen geringer Ergiebigkeit bereits 1937 wieder geschlossen wurde. In der ehemaligen Gipsgrube betrieb ausweislich im Bundesarchiv erhalten gebliebener Schriftstücke Wilhelm Alcover eine Championzucht.
Das heute weltweit tätige und vielfach verzweigte Baustoff-Unternehmen blieb – nach Aufhebung der nach dem II. Weltkrieg angeordneten Zwangsverwaltung – dem Ort Siersburg mit einem Werk am Ortsausgang in Richtung Hemmersdorf bis zur Umbenennung der Gemeinde in „Gemeinde Rehlingen-Siersburg“ erhalten. Das ehemalige Firmengelände liegt zwar in räumlicher Nähe zur Niedtalbahn, hatte aber nie einen Gleisanschluss erhalten. Ein solcher hätte einen beachtlichen Höhenunterschied zu bewältigen gehabt. Heute wird das Gelände durch andere Gewerbebetriebe genutzt.
Von den ursprünglich vorhandenen Gebäuden sind neben dem mit Blickrichtung auf die Ortslage von Siersburg ausgerichteten Verwaltungsgebäude noch einige weitere erhalten geblieben, darunter auch der in der Höhe reduzierte Schornstein, der eine Reihe von Antennen für das Mobilfunknetz trägt.